Lehrermangel in Thüringen – Chancen nutzen

Lehrermangel in Thüringen – Chancen nutzen

 

Der Lehrermangel in Thüringen ist ein hausgemachtes Problem. Auch wenn alle Bundesländer vor ähnlichen Herausforderungen stehen, muss man feststellen, dass es Thüringen schafft, sich besonders unflexibel und wenig zuvorkommend für junge Absolventinnen und Absolventen des Lehramtsstudiums darzustellen. Dabei bestehen mit den Lehramtsstudiengängen in Jena und Erfurt eigentlich gute Voraussetzungen für eine ausreichende Zahl an Lehrern.

 

Anstatt den Bewerbern einen möglichst einfach Einstieg in die Berufswelt zu ermöglichen, wird starr auf ausgeschriebene Konditionen geachtet, viel zu lange für die Bearbeitung der Bewerbungen gebraucht und schlechte finanzielle Anreize für junge motivierte Lehramtsabsolventen geboten. Um die draus folgende stärker werdende Abwanderung zu verhindern und gleichzeitig dem Lehrermangel entgegenzuwirken, fordern wir als RCDS Thüringen die Umsetzung folgender sechs Punkte:

 

  1. Bewerbungsverfahren beschleunigen und flexibilisieren 

Die Zeit zwischen Abgabe der Bewerbung und Zusage für eine Stelle muss deutlich beschleunigt werden. Hier kann eine effizientere, modernere und digitalere Verwaltung helfen, die ohne zusätzlichen Personalaufwand individuelle Besonderheiten der Bewerber berücksichtigen kann. Solange die verantwortlichen Stellen in Thüringen länger brauchen, als benachbarte Bundesländer, wird man mit einen nicht zu vernachlässigen jährlichen Abgang junger, gut ausgebildeter Lehrkräfte leben müssen. Wir fordern, dass sich jederzeit angehende Lehrerinnen und Lehrer bewerben können und nach spätestens vier Wochen einer Schule zugewiesen werden.

 

  1. Zwischenzeugnis im Bewerbungsverfahren akzeptieren

Bei nahezu allen Bewerberinnen und Bewerbern kann man allein anhand der Zwischenzeugnisse erkennen, wie leistungsstark der- oder diejenige ist. Ein striktes Beharren auf das Ergebnis des zweiten Staatsexamen führt meist dazu, dass nur noch ein kleiner Zeitraum zwischen der Abgabe der vollständigen Bewerbung und dem potenziellen Einstellungstermin besteht. Mit der Voraussetzungen, dass Lehrkräfte, die ein ordentliches Zwischenzeugnis aufweisen, bereits vorläufig eingestellt werden, könnte ein weiterer Baustein zu einem attraktiveren Standort geschaffen werden. Selbstverständlich ist der Arbeitsvertrag erst vollends gültig, wenn das zweite Staatsexamen nachweislich bestanden wurde.

 

  1. Volle Bezahlung im Vorbereitungsdienst

Fest steht, dass die Zukunft einen stärker werdenden Konkurrenzkampf um Fachkräfte mit sich bringen wird. Eine Möglichkeit, die mit einem Attraktivitätsgewinn für den Standort Thüringen einhergeht, ohne große finanzielle Auswirkungen zu verursachen, muss eine volle Bezahlung im Vorbereitungsdienst der Lehrerinnen und Lehrer sein. 

 

  1. Junge Lehrkräfte schneller verbeamten  

Ein Lösung, die mit einem Attraktivitätsgewinn für Thüringen einhergeht, wäre, dass die potenziellen Lehrkräfte über eine Befristung ihrer Stelle selbst entscheiden. Junge Lehrerinnen und Lehrer, die überlegen, später ihren Arbeitsstandort zu wechseln, bleiben aus vielerlei Gründen oftmals doch ihrem ersten Arbeitsort treu. Dieser Fakt ist als Chance zu verstehen, da mit einer sofortigen Verbeamtung (Bewährungszeit von 3 Jahren) junge Lehrerinnen und Lehrer langfristig in Thüringen gehalten werden können. 

 

  1. Thüringer Lehrerstipendium

Dafür, dass sich Lehramtsstudentinnen und -studenten mindestens fünf Jahre verpflichten, in Thüringen zu arbeiten, könnte ein Stipendium als Gegenleistung weitere Anreize schaffen. Um sicher zu gehen, dass das Geld auch an die geht, die mit hoher Wahrscheinlichkeit das Studium erfolgreich abschließen, sollte dieses Stipendium nur für Studentinnen und Studenten angeboten werden, die bereits das erste Staatsexamen absolviert haben. Neben regelmäßigen monatlichen Zahlungen, könnte auch eine Übernahme der Semestergebühren eine weniger kostenintensive Variante sein.

 

  1. Studiumsinhalte anpassen – Zugangsberechtigungen flexibilisieren 

Es stellt sich mit jedem kommenden Jahr erneut die Frage, ob ein NC ein Kriterium für die Zulassung zu einem Studiengang sein sollte. Deshalb muss jährlich geprüft werden, ob die Abschlussnoten für einen erfolgreichen Studienabschluss aussagekräftig sind. Gegebenenfalls muss es Anpassungen geben oder neue Varianten zur Leistungserfassung, wie standardisierte Test, eingesetzt werden. 

Für eine gute und anwendungsbezogenere Lehre müssen für die Lehrerbildungszentren ausreichende Ressourcen zur Verfügung stehen. Nur so kann für die Zukunft eine qualifiziertere Ausbildung angehender Lehrerinnen und Lehrern gewährleistet. Es sollte ein deutlich höherer Fokus auf praktische Lehrinhalte gesetzt werden, sodass man Lehramtswärter schon frühzeitig in das Lehrgeschehen der Schulen einbeziehen kann.