Landesregierung baut Barrikaden auf dem Weg hin zu einer modernen Hochschullandschaft
Erfurt. Es ist das bestimmende Thema in der Thüringer Hochschulpolitik: Die Landesregierung strebt die Novellierung des Thüringer Hochschulgesetztes (ThürHG) an, wobei die Novelle, wenn es nach Rot-Rot-Grün geht, schon in der ersten Jahreshälfte 2018 in Kraft treten soll. „Dabei schießt sie allerdings an vielen Stellen deutlich über das Ziel hinaus. Bislang hatten wir gute Strukturen und einen Senat, indem Verantwortung und Entscheidungskompetenz bei den Lehrenden zusammenlaufen. Die paritätische Besetzung der Senate bringt mehr Demokratie zum Preis von Barrikaden auf dem Weg hin zu einer modernen Thüringer Hochschullandschaft und kann durch endlose Debatten zum Bürokratiemonster ausarten“, kritisiert Andreas Zamboni, Vorsitzender des RCDS Thüringen.
Eine paritätische Besetzung schafft mehr Bürokratie, lähmt die Senate und behindert die Hochschulen in ihrer Arbeitsfähigkeit und Eigeninitiative. Stillstand muss allerdings im internationalen Wettbewerb verhindert werden, denn so wären die Chancen im bundesweiten Kampf um die Studenten deutlich schlechter als bisher. Durch die Novelle erfolgt eine Schwächung von Hochschulleitung und Hochschulrat, während der Senat gestärkt wird: „Dieser Schritt ist das falsche Signal, denn wir brauchen weiterhin eine handlungsfähige Hochschulleitung. Wir machen in den Hochschulgremien oftmals die Erfahrung, dass das Argument der vermeidlichen Demokratisierung ausgenutzt wird, um wichtige Entscheidungen zu blockieren. Deshalb ziehen sich die Haushaltsaufstellungen oftmals auch in die Länge und nur selten wird dieser pünktlich verabschiedet.“
Weiterer Kritikpunkt ist die Zusammensetzung des Hochschulrates: „Hier scheint die rot-rot-grüne Landesregierung willkürliche Kriterien auserkoren zu haben, demokratisch ist dies auf jeden Fall nicht.“ Da die fünf externen Mitglieder aus Wissenschaft, Kultur, Politik und Gesellschaft lediglich auf Vorschlag von Ministerium und Präsidium gewählt werden können, werden Vorschläge anderer Interessensgruppen gar nicht erst in Erwägung gezogen. Das Fehlen eines Vertreters aus der Wirtschaft richtet sich zudem gegen die Zukunftsfähigkeit der Thüringer Hochschulen, denn gerade dieser kann den Austausch von Wissenschaft und Wirtschaft fördern und durch seine Expertise den Übergang von Absolventen einer Hochschule in die freie Wirtschaft erleichtern. Ein Punkt, der gerade für die Absolventen unserer Fachhochschulen und der Technischen Universität in Ilmenau von besonderer Bedeutung ist.
Es bedarf einer Regelung zur Anwesenheitspflicht für Studenten, die man in der Novelle bislang vergeblich sucht. Jede Hochschule sollte deshalb individuelle Regelungen, je nach Hochschultypus, erarbeiten dürfen. Es muss der Hochschule obliegen, die Kriterien für die Anwesenheitspflicht, bspw. das Erreichen des Studienerfolgs, zu definieren. In der Frage des Nachweises einer Prüfungsunfähigkeit braucht es thüringenweit Rechtssicherheit für Studenten mit einer konkreten Verfahrensweise bei krankheitsbedingtem Nichtantreten einer Klausur. Studenten müssen die Sicherheit haben, dass ein ärztliches Attest bei Krankheit ausreicht.
„An diesen Punkten muss nachgebessert werden, denn in der jetzigen Form ist die Novelle aus unserer Sicht nicht tragbar“, erklärt Zamboni weiter.